Historischer Friedhof in Apolda

Hier finden Sie die wechselvolle Geschichte der Stadt der Glocken und der Stricker auf 10,5 Hektar. Eine breite, eindrucksvolle Allee führt Sie vom Haupteingang zur Feierhalle, welche am Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. Neben dem vielfältigen, historischen Baumbestand ist auch die Klinkersteinmauer, welche an der Ost- und Westseite auf die ursprüngliche Größe des Friedhofs hinweist, Zeitzeuge der letzten Jahrzehnte.

Spazieren Sie entlang der schattigen Wege und entdecken Sie imposante Grabplastiken von Künstlern wie Peter Christian Breuer (1856-1930) oder Hans Dammann (1867-1942). Diese schmücken eindrucksvoll die Ruhestätten wohlhabender Persönlichkeiten, Glockengießer oder bedeutender Fabrikaten aus Apolda und künden vom Wohlstand der Familien und verweisen mit Stolz auf die verschiedenen Handwerkszünfte.

Wissenswertes

Dass Apolda einst eine wohlhabende Stadt war, hier über 250 Jahre lang Glocken gegossen wurden und die Textilindustrie einer der wichtigsten Wirtschaftszweige war, ist auch auf dem städtischen Friedhof (Abb. 1) zu erkennen. Dort fallen aufwendige Grabplastiken ins Auge, welche von bedeutenden Bildhauern damaliger Zeit geschaffen worden waren. Neben Denkmälern waren Grabplastiken wichtige Arbeiten für die Bildhauer und Künstler, denn das Grabmal bot die Möglichkeit zur repräsentativen Selbstdarstellung oder zur Darstellung besonderer Verdienste eines Verstorbenen.

Der älteste der namenhaften Bildhauer, die mit ihren Werken in Apolda vertreten sind, ist Peter Christian Breuer (1856-1930). Dieser war nach seiner Lehre als Steinmetz und Holzbildhauer sowie einem Studium an der Kunstakademie in München bei dem bekannten Bildhauer Fritz Schaper (1841-1919) tätig. Von diesem stammt das Luther-Denkmal in Erfurt. Zu den Denkmälern, welche Breuer schuf, gehören unter anderem das Lilienthal-Denkmal (Berlin) für den bekannten Flugpionier, das Beethoven-Denkmal in der Bonner Rheinaue, Venus und Amor (Berlin) oder Skulpturen wie "Der Frühling". Auch auf dem Apoldaer Friedhof findet man Breuers Kunst wieder. Von ihm stammt das Grabmal der Familie Hornbogen-Volkholz (Abb. 2) aus dem Jahre 1922. Es zeigt eine trauernde Frauengestalt. Otto Hornbogen und Alfred Volkholz waren Wollwarenfabrikanten, deren Fabrik sich in der damaligen Wilhelm-Ernst-Straße (heutige Lessingstraße) befand.

Des Weiteren sind Grabplastiken von Hans Dammann (1867-1942) auf dem Apoldaer Friedhof zu finden. Er gilt als bekanntester Grabmalkünstler der Zeit ab 1900. Nach einem Architekturstudium schloss er ein Studium an der Akademie der Künste in Berlin an. Er legte seinen Fokus auf Grabplastiken und Bildnis-Büsten, es existieren jedoch auch einige Kriegerdenkmäler in verschiedenen Stadtteilen in Hagen. Die Grabplastiken des Künstlers finden sich auf vielen Friedhöfen, u.a. in Hamburg, Hannover und Berlin. Sogar auf dem Monumentalfriedhof in Mailand ist eine große Grabplastik von Dammann zu finden, was seine Bekanntheit zum Ausdruck bringt. Dem Jugendstil verpflichtet ist die Grabplastik der Familie Otto Mittelbach (Abb. 3). Dieser war Geschäftsführer der Färberei F. C. Wetzler in der Viktoriastraße (heutige Straße des Friedens). Die Frauengestalt lehnt an einem großen Kreuz und hat ihren rechten Arm auf dieses gelegt.

Das Grab der Familie Robert Jacobi, welcher als Wollwarenfabrikant tätig war, wird ebenfalls von einer Plastik von Dammann geziert. Eine kniende Frauengestalt zeigt mit der rechten Hand auf die Ruhestätten zu ihren Füßen (Abb. 4).

Arthur Lange (1875-1929) ist der dritte große Künstler, welcher auf dem Apoldaer Friedhof mit seinem Werk vertreten ist. Er studierte an der Kunstakademie in Dresden Bildhauerei. Er erschuf das Grabmal für den Fleischwarenfabrikanten August Opel und dessen Familie 1916. Die Figur eines knienden antiken Kriegers mit gesenktem Haupt und versehen mit Helm, Schild und Schwert nimmt Bezug auf den Tod des 18-jährigen Walter Opel als Soldat des kaiserlichen Heeres im 1. Weltkrieg. Das Grabmal mit seiner Architektur gehört bereits in die Moderne (Abb. 5).

Weiter finden Sie die Ruhestätten bedeutender Persönlichkeiten auf dem Friedhof, wie z. B. das von Max Wiener, welcher ab 1910 bis zu seinem Tod 1940 den Vorsitz des Apoldaer Verschönerungsvereins übernahm. Ihm verdanken wir auch den hinteren Teil der Herressener Promenade. Er kaufte das Gelände damals der Jenaer Akademie ab und schenkte es der Stadt mit der Zweckbestimmung, dass dort der Friedensteich angelegt werden sollte. Dieser besteht bis heute und erscheint zur Landesgartenschau im Jahr 2017 im neuen Glanz.
Hinter der Grabanlage der Familie Wiener befindet sich das der Glockengießerfamilie Schilling. Schilling (1853-1926), der 1895 den Titel Großherzoglich Sächsischer Hofglockengießermeister verliehen wurde, übernahm 1878 die Glockengießerei Carl Friedrich Ulrich in der Bernhardstraße. Mit dem Tod von Peter Schilling (1930-2001), dem letzten in der Reihe der Glockengießer, endete die über 250 Jahre bestehende Glockengießertradition der Stadt Apolda.

Informationstafeln am Gräberfeld für Alliierte und Deutsche Opfer

Zur zentralen Gedenkfeier des Freistaats Thüringen am Volkstrauertag (15. November 2020) wurden auf dem Apoldaer Friedhof drei Informationstafeln am Gräberfeld für Alliierte und für Deutsche Opfer aufgestellt und gemeinsam mit dem Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow sowie Dr. Michael Krapp (Landesvorsitzender Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. - LV Thüringen) enthüllt. 

Die Infotafeln sind als gemeinsames Geschichtsprojekt des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit ehemaligen Schülerinnen des Gymnasiums Bergschule Apolda entstanden. Die Gräber der Kriegstoten sind als steinerne Zeitzeugnisse Mahnung und Verpflichtung für uns, den seit vielen Jahrzehnten in weiten Teilen Europas herrschenden Frieden nicht als Selbstverständlichkeit zu betrachten. 

Doch warum zählen wir den Friedhof zu den Gärten und Parks in Apolda?

Nach der ersten Erweiterung 1915 begann bereits die gärtnerische Umgestaltung des ganzen Friedhofs. Erbbegräbnisstätten, einzelne Abteilungen und Grabfelder wurden durch Hecken und Anpflanzungen getrennt, z. B. durch Tarus, Birken, Fichten, Rotbuchen, Flieder, Goldregen oder winterharte Rosen. So konnten auch die Angehörigen in besinnlicher Ruhe ihrer Verstorbenen gedenken. Der entstandene parkähnliche Eindruck blieb bis heute erhalten.

Quellen

  • Ullmann, Dieter (2005): „Apoldaer Heimat. Beiträge zur Natur und Heimatgeschichte der Stadt Apolda und ihrer Umgebung.“ S.17ff.
  • Dornheim, Martin; Ullmann, Dieter (2006): „Apoldaer Heimat. Beiträge zur Natur und Heimatgeschichte der Stadt Apolda und ihrer Umgebung.“ S.29ff.
  • Apolda Stadtarchiv