Strick- und Wirkwaren

Die Wirkwarenfabrikation in Apolda im 19. Jahrhundert

Wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung der Apoldaer Strumpfwirkerei zur Textilindustrie waren der Beitritt des Großherzogtums zum Deutschen Zollverein 1834, die Errichtung einer Postexpedition in der Stadt 1844 sowie der Eisenbahnanschluß im Jahre 1846. 1856 wurde auf 1373 Wirkstühlen, darunter viele technische Neuerungen, gearbeitet.

Der allgemeine Aufschwung der Wirkerei führte zwischen 1850 und 1856 zu einer enormen räumlichen Vergrößerung des Verlegergeschäftes Zimmermann. Zwar waren weiterhin Wirker-meister in eigenen kleinen Werkstätten für den Verleger tätig, aber die Firma ließ zunehmend Wirkstühle in ihren Räumlichkeiten aufstellen und gegen Lohn darauf arbeiten. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der hölzerne Wirkstuhl nach und nach durch mechanische Wirkstühle mit gußeisernem Unterbau ersetzt. 1855 importierte Christian Zimmermann & Sohn Kettenwirkmaschinen (Fangkettenstühle) aus England. Auf ihnen wurden Stoffe für Damenjäckchen (Spenzer) gewirkt, die nach der französischen Schauspielerin RACHEL FÈLIX (1820 - 1858) den Modellnamen "Rachel" erhielten. Den Namen übertrug man auch auf diesen Maschinentyp und seine späteren Entwicklungen.

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts prägten Fabriken und Werkstätten (Hausindustrie) die Apoldaer Textilproduktion. 1866 baute die Firma Christian Zimmermann das erste große Fabrikgebäude, ausgestattet mit Gasbeleuchtung und einer Dampfmaschine zum Betreiben der Wirkmaschinen. Waren bis dahin für viele die Wohn- und die Arbeitsstätte unter einem Dach gewesen, so mußten sich nun Arbeiter und Meister den Zwängen einer Fabrik unterordnen. Die Apoldaer Hausindustrie basierte auf dem herkömmlichen Verlagssystem, allerdings mußten die Meister seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die Maschinen kaufen.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert waren fast alle Erwerbstätigen und auch viele Bewohner der umliegenden Dörfer "in der Wolle" oder "für die Wolle" beschäftigt. 44% von ihnen arbeiteten direkt in der Wollwarenfabrikation, andere waren in Handwerksbetrieben, Dienstleistungsunternehmen oder in Industriezweigen tätig, die sich alle auf die Bedürfnisse der Wirk- und Strickwarenindustrie eingestellt hatten.

Die Strick- und Wirkwarenindustrie in Apolda zwischen 1945 und1990

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges kam die Produktion trotz Garnmangel, ständigen Stromausfällen und fehlenden Facharbeitern langsam wieder in Gang. Anfang der 50er Jahre gab es den ersten volkseigenen Betrieb (VEB), der aus dem Zusammenschluß mehrerer enteigneter Unternehmen entstanden war, 90 Privatbetriebe und ca. 600 Werkstätten von Lohnmeistern.

Zu diesem Zeitpunkt waren mehr als 60% der Apoldaer Textilmaschinen älter als 20 Jahre. Mit dem ersten "Halbjahresplan" hatte Mitte 1948 die Planwirtschaft eingesetzt. In den Werkstätten der Lohnmeister, die als "private Handwerksbetriebe" eingestuft waren, arbeitete man in traditioneller Weise sowohl für VEB als auch für Privatbetriebe. 1955 erfolgte ein staatlicher Zugriff auf diese Form des privaten Textilgewerbes. Bis 1959 entstanden 17 Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH). Maschinen und Anlagen der Lohnmeister wurden durch Ankauf genossenschaftlicher Besitz.

Apolda hatte im DDR-Maßstab einen sehr hohen Anteil an Privatbetrieben. Gemäß dem Ziel, das Privateigentum in der Industrie zu begrenzen, mußten ab 1956 die Privatbetriebe mehr oder weniger freiwillig eine staatliche Beteiligung aufnehmen.

Stadtmuseum

Das Stadtmuseum zeigt in seiner Abteilung "Geschichte der Apoldaer Textilindustrie" die Entwicklung des örtlichen Wirker- und Strickergewerbes. Die Wirkerei und Strickerei war mehr als 400 Jahre der Haupterwerbszweig der Apoldaer wie auch der Bewohner umliegender Ortschaften. Am Beispiel des Werdeganges eines renommierten Unternehmens werden die Höhen und Tiefen dieses Industriezweiges dargestellt. Eine Vielzahl von Maschinen, Mustern und Bekleidungsstücken veranschaulichen den Entwicklungsprozeß, der sowohl die Stadt als auch ihre Bürger prägte.

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